Prävention vor Medikation

 

In manchen Fällen ist der Einsatz von Medikamenten unabdingbar – und es ist gut, gibt es sie. Dennoch ist es wünschens- und erstrebenswert, wenn erst gar keine Notwendigkeit besteht, diese einzusetzen!

In der Schweiz leiden knapp 17 Prozent an einer oder mehreren psychischen Erkrankungen. Die gravierenden Beeinträchtigungen können die Lebensqualität stark vermindern und bis zum Suizid führen. Psychische Erkrankungen verursachen erhebliche volkswirtschaftliche Kosten. Die Entstehung psychischer Erkrankungen sind weitestgehend immer noch nicht geklärt. In der Fachliteratur wird auf genetische, biologische und psychosoziale Einflüsse hingewiesen. Nach neueren Erkenntnissen wissen wir jedoch, dass uns das biomedizinische Krankheits- und Störungsmodell allein nicht weiterhilft.

Wenn wir berücksichtigen, welche Faktoren den Organismus in seiner Entwicklung prägen, finden wir Antworten auf der sozialen Ebene. Frühe Bindungsbeziehungen im primären sozialen Umfeld bilden die Grundlage für weitere Entwicklungsprozesse auf neuronaler Ebene. In der Interaktion mit seinen primären Bezugspersonen, entwickeln Kinder sehr früh Meinungen, Grundüberzeugungen über sich und ihre Umwelt, aber auch Strategien um Grundbedürfnisse erfüllt zu bekommen. Situationen werden nicht objektiv, sondern subjektiv beurteilt und Schlussfolgerungen werden gezogen. Diese Erfahrungen werden sich auch in den neuronalen Netzwerken verfestigen und werden damit zu einem eingefahrenen Programm, welches das gesamte weitere Denken, Fühlen und Handeln bestimmt. Die Neurobiologie kann heute solche strukturelle Veränderungen feststellen. Der Einfluss von frühen Kindheitserfahrungen wird von der Entwicklungspsychologie und Psychotherapie seit langem betont. Wie folglich Entwicklungsaufgaben und die Bewältigung von Herausforderungen bewältigt werden, sind mitunter auch von der Qualität der Bindungsbeziehung abhängig und geprägt.

Mit Resilienz Förderung auf der Beziehungsebene, ist die Förderung der Interaktionsqualität zwischen Erziehungsperson, (insbesondere den Eltern) und ihren Kindern gemeint. Der Einsatz von frühen Hilfsangeboten, wie beispielsweise Elternbildung in Form von Elternkursen oder die Vermittlung eines Elterncoachings, kann die psychosozialen Lebensbedingungen innerhalb der Familien wesentlich positiv beeinflussen. Ziel soll sein, die Eltern-Kind-Beziehung zu stärken um möglichen Regulationsstörungen vorzubeugen oder im Allgemeinen protektive Schutzfaktoren zu fördern. Es ist bekannt, dass so erworbene Schutzfaktoren dazu beitragen, das Auftreten einer psychischen Störung oder einer problematischen Entwicklung zu verhindern oder jedenfalls die Vulnerabilität herabsetzt. Jedoch kann mit grosser Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden, dass sie eine positive Entwicklung erhöhen.

Solche präventive Unterstützungsangebote zur Stärkung der elterlichen Erziehungskompetenz, können also dazu beitragen, einer Entwicklung einer psychischen Störung bei Kindern entgegenzuwirken. In der Schweiz gibt es eine gewisse Auswahl an wissenschaftlich evaluierten Elterntrainings, welche wünschenswerte erzieherische Kompetenzen stärken. Zum einen das Programm von STEP (Systematisches Training für Eltern und Pädagogen) und; Starke Eltern – Starke Kinder.

Sie zeichnen sich durch folgende Merkmale aus und stärken insbesondere die:

Beziehungsfähigkeit, Interaktions- und Kommunikationsfähigkeit, Grenzsetzungsfähigkeit, Förderfähigkeit, Vorbildfähigkeit, Alltagsmanagementfähigkeit der Eltern. Diese haben Einfluss auf die Entwicklung der Kinder, insbesondere fördern sie die Gefühls- und Selbst Regulation, das Selbstwertgefühl, Selbstwirksamkeit, Autonomie und Kooperation.

Beachten wir die hohe Zahl der als verhaltensauffällig diagnostizierten Kindern, deren Problematik weder richtig erkannt noch im Laufe der Entwicklung überwunden wird, tragen ein hohes Risiko, später im Erwachsenenalter eine psychische Erkrankung zu entwickeln. Die Forderung nach Präventionsmassnahmen wird immer lauter und notwendiger. Die Akzeptanz und das Interesse an Elternbildungsprogrammen haben zugenommen und sind auch Bestandteil politischer Fördermassnahmen in Präventionsdiskussionen. Jedoch werden familiär unterstützende Massnahmen meist erst angeboten, wenn die Probleme bereits spür- und sichtbar sind und Betroffene sich an geeignete Stellen wenden. Die Motivation, aus freien Stücken an einem Elterntraining teilzunehmen, ist sehr gering. Hier gilt es in Settings wie Kitas, Schulen, Mütter- und Väterberatungsstellen auf das Angebot und den Nutzen aufmerksam zu machen.