Aus Gründen der Lesbarkeit wird in diesem Artikel darauf verzichtet, geschlechtsspezifische Formulierungen zu verwenden. Soweit personenbezogene Bezeichnungen nur in weiblicher Form angeführt sind, beziehen sie sich auf Männer und Frauen in gleicher Weise.
Ich möchte für Euch zwei Hilfsangebote beleuchten und meine Erfahrungen und Gedanken dazu teilen. Ich versuche dies so objektiv wie möglich zu tun, da ich weder das Eine noch das Andere diskreditieren oder gegeneinander ausspielen will. Vielmehr habe ich ein Interesse daran, für den Hilfesuchenden eine Entscheidungshilfe zu bieten und aufzuklären. Wie so oft, gibt es Vor- und Nachteile, die eventuell für die betreffende Person relevant sein könnten.
Welche Punkte berücksichtige ich bei meinem Vergleich?
- Art und Ausmass der Problematik resp. der Symptome/Motivation
- Vor- und Nachteile
- Stigmatisierung
- Pathologisierung
- Ausbildung/Methoden/ Behandlung
- Kosten
Menschen, die sich überlegen Hilfe in Anspruch nehmen zu wollen, haben meistens bereits eine längere Leidensgeschichte hinter sich. Nehmen Symptome zu und ist der Leidensdruck zu gross, werden sie aktiv. Die Ursachen und die Symptome sind so unterschiedlich wie die Menschen selbst. Bestehen in einem oder mehreren Lebensbereichen wie – Partnerschaft/Familie, Arbeit und Selbst unüberwindbare Probleme/Konflikte, welche über einen längeren Zeitraum bestehen, sollte man sich rechtzeitig Hilfe holen.
Nun stellt sich die Frage, an wen sich Betroffene wenden sollen. Erst zum Hausarzt, der eine Überweisung an eine Psychologin* oder Psychiaterin* in die Wege leitet? Oder können sie sich mit ihrer Problematik auch an eine Psychologische Beraterin* wenden?
Ist die Problematik und sind die Symptome noch nicht so weit fortgeschritten, dass es sich um ein Krankheitsbild nach ICD-10 handelt (Internationales Diagnoseklassifikationssystem), kann sich die hilfesuchende Person an eine Psychologische Beraterin wenden. Eine Psychologische Beratung, durchgeführt von einer ausgebildeten und vom SGfB anerkannten Person, verfügt über das notwendige Wissen und das Pflichtbewusstsein, Personen mit Verdacht auf eine psychiatrische Erkrankung an eine Fachperson weiterzuleiten.
Die Vorteile einer Psychologischen Beratung – oder weshalb der Gang zur Psychologin oder Psychiater durch eine Psychologische Beratung ersetzt werden kann.
Eine Anmeldung initiiert vom Ratsuchenden selbst – also nicht überwiesen durch den Hausarzt – ermöglicht ihm bei der Wahl eines Therapeuten/Berater selbst zu bestimmen. Dies ist insofern bedeutend, da man weiss, dass die «Chemie» zwischen Therapeuten/Berater und Klient über Erfolg oder Misserfolg einer Beratung/Therapie entscheiden kann.
Die Hemmschwelle sich Hilfe zu suchen, verringert sich bedeutend, wenn die Wahl auf eine Psychologische Beraterin anstelle eines Psychologischen Psychotherapeuten oder Psychiaters fällt.
Die Wahrscheinlichkeit, bei einer Psychologischen Psychotherapeutin oder Psychiaterin eine Diagnose zu erhalten, ist gross. Eine Diagnose bedeutet also – ich bin krank. Meine Krankheit hat einen Namen. Dies kann dazu führen, dass sich der Klient auch so fühlt, und sich somit die Aktivierung seiner eigenen Ressourcen zur Genesung nur gering mobilisieren lassen. Oft wird zu schnell zu einer Medikation geraten und die betreffende Person wird krankgeschrieben. (Zur Richtigstellung: hier handelt es sich nicht um eine Person, welche aufgrund des Schweregrades der Symptome bereits eine psychiatrische Diagnose hat).
Bei Kindern oder Jugendlichen, die in irgendeiner Form auffälliges Verhalten zeigen, wird oft zu schnell pathologisiert. Die Botschaft die das Kind erhält – „mit Dir stimmt etwas nicht“, „du bist so wie du bist nicht richtig“ – hinterlässt Spuren. Dies kann Folgen haben, welche sich bei einem erwünschten Therapieerfolg negativ niederschlägt. Oft reicht es, sich die Umgebung in der sich das Kind «unangepasst» verhält unter die Lupe zu nehmen, anstelle des Kindes und sein Verhalten ändern zu wollen. Jedes Verhalten hat einen Grund und gibt uns Auskunft über ein subjektiv gefühltes Mangelerleben des Kindes. Machen wir uns also auf die Suche, wie wir dem Bedürfnis des Kindes gerecht werden können, welches mit seinem Verhalten (unbewusst) darauf aufmerksam macht.
Wird über die Krankenkasse abgerechnet, ist die betroffene Person folglich mit einer entsprechenden Diagnose im Bereich der Psychischen Erkrankungen im System erfasst. Dies kann bei einem Krankenkassenwechsel Konsequenzen bei der Einstufung zur Folge haben.
Eine Psychologische Beratung kann – je nach Richtung und Lehre nach dem sich der Berater ausrichtet, therapeutisch mit Methoden seiner Wahl, gleich gute Ergebnisse erzielen, wie bei einer Psychologin oder Psychiaterin. Die Bezahlung folgt auf eigene Kosten, was sich wiederum im Erfolg der Therapie niederschlagen kann. Die Bereitschaft, aufgrund der vorhandenen Symptome, die lediglich aufzeigen und uns als Alarmsystem dienen und uns sagt: “ jetzt besteht Handlungsbedarf in meinem Leben, jetzt muss sich etwas ändern, jetzt muss ich etwas ändern!“ Diese Dynamik hilft den Beratungsprozess sowie das Erreichen der Genesung oder des zu erreichenden Zieles zu beschleunigen. Der Zeitpunkt ist entscheidend und kann darüber befinden, ob sich bei zu langem Warten eine ernsthaft psychische Erkrankung entwickelt. In diesem Fall kann es sein, dass eine Medikation mit Psychopharmaka notwendig wird.
*Die Begriffe in der medizinisch therapeutischen Landschaft sind sehr vielfältig und auch verwirrend.
Ich beschränke mich im Artikel auf drei Bezeichnungen – die der Psychologin, bei welchem Methodenlehre, Diagnostik, Evaluation und Statistik Teile des Studiums sind. Es geht also nicht um Methoden, Techniken und Verfahren, um den Leidensdruck eines Menschen zu lindern oder um das Verständnis des menschlichen Erlebens und Verhaltens. Um als Klinische Psychologin arbeiten zu können braucht es zusätzlich eine Psychotherapieausbildung.1Die Bezeichnung lautet dann; Psychologische Psychotherapeutin.
Die der Psychiaterin, welcher nach einem Medizinstudium eine psychiatrische und psychotherapeutische Facharztweiterbildung hat.
Und last but not least, die Individualpsychologische Beraterin, welche eine Ausbildung mit einem Diplom abschliesst und über fundiertes theoretisches wie praktisches Wissen über tiefenpsychologische Erkenntnisse des menschlichen Handelns und Methoden und Konzepte für die therapeutische, lösungsorientierte Beratung verfügt.
Quelle: Internetseite Abruf 20.09.2019 https://www.psychologie.uzh.ch/de/studium/interesse/psychologie.html